„Das ist nun schon die fünfte…“ beschwerte sich Rugi, als wir den Gastraum betraten. Ich feixte unter meinem Kapuzenumhang in mich hinein.
Der Abend hatte recht vielversprechend begonnen. Nach einigen Diskussionen hatten wir uns dafür entschieden Nadji daheim zu lassen und statt unserer normalen Roben lange dunkle Kapuzenmäntel zu tragen, unter denen sich unsere Gesichter und ein paar Messer problemlos verbergen ließen.
Ohne Probleme waren wir so zum Hafenviertel gekommen und hatten uns auf die Suche gemacht. In der ersten Taverne suchten wir erfolglos.
Die zweite Spelunke stellte Rugi auf eine harte Geduldsprobe, als einer der Gäste sie vermutlich mit einer Angestellten verwechselte und in eine recht private Stelle kniff. Rugi hatte sich ansatzlos herumgedreht und ihm einen derben Kinnhaken versetzt, der ihn rücklings gegen seine Saufkumpane warf. In seiner Männerehre gekränkt wurde der Geschlagene mit Hilfe seiner Freunde auf die Füße gestellt und lautstark genötigt uns Weibsbildern zu zeigen, wer der Herr im Hause sei. Gerade als sich eine handfeste Keilerei daraus entwickeln wollte, schob uns ein resoluter Wirt hinaus. Rugi fluchte die nächsten Meter vor sich hin, ich kämpfte mit den Lachtränen.
„Dieser …“ Es war schwierig, den Begriff, den Rugi benutzte zu übersetzen; aber er war bildhaft.
„Er wollte bestimmt nur nett sein, vermutlich wollte er Dir damit ein Kompliment machen. Die anderen Mädchen hat er doch zum Beispiel gar nicht angesehen.“ Rugi schmollte noch die nächsten beiden Straßenblöcke.
Die dritte Kneipe war ähnlich geartet wie die zuvor, nur war ich dieses Mal das Objekt der Begierde. Als ich eine sich nähernde Hand ein zweites Mal wegschubste, wurde mir ein Vorschlag unterbreitet, für dessen Umsetzung man meines Wissens nach die Hilfe seiner älteren Brüder in Anspruch nehmen sollte und der einige der Schankmägde rau auflachen lies. Ich strahlte den Mann an. „Oh ja,…“ antwortete ich mit seidenweicher Stimme. „jeden Donnerstag. Es ist außerordentlich entspannend. Ihr solltet es auch einmal versuchen.“ Die Runde grölte vor Lachen und wir nutzten die Gelegenheit für den Abgang, bevor dem armen Mann klar wurde, dass dieser Witz auf seine Rechnung gegangen war.
Danach schlugen wir die Kapuzen nicht mehr zurück und wandten uns direkt an den Wirt, der uns aber auch in der vierten Schänke nicht weiterhelfen konnte. Und nun standen wir hier. Ich wollte gerade den Wirt fragen, da zog mich Rugi am Arm und deutete auf einen Tisch in der Ecke. „Scheint so, als seien wir doch noch fündig geworden…“
Ich musterte die Gestalt in der dunklen Robe. „Tatsächlich, ich hoffe nur, dass er uns helfen wird.“ Langsam gingen wir auf den Tisch zu und blieben wartend davor stehen, bis der Mann schließlich aufsah.