Eine kleine Villa am Park

Begonnen von Xandera, 16. Dezember 2013, 19:17:44

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Xandera

Eisblume trat an Jorugas Seite aus einem der gut angelegten und versteckten Eingänge, nach mehrstündigem Herumlaufens. Joruga schüttelte mit dem Kopf, woraufhin ihm seine Schwester in den Handrücken kniff.

Ja, das gerade eben war paranoid, doch wenn sie den Gerüchten Glauben schenkte.... etwas Dunkles lag in der Luft, sie konnte es beinahe schmecken.

Doch statt sich in Verschwörungstheorien zu ergehen, schüttelte sie das Kleid und den Umhang leicht aus, was ein kleines Farbenspiel zur Folge hatte.

Joruga verzog innerlich das Gesicht zum Spott, unterließ es aber, etwas zu sagen.  Beide befanden sich schon im nobleren Teil des Wohnviertels und dort trug man solche Dinge.

Unauffällig musterte er seine Schwester noch einmal. Doch, schön sahen die Sachen schon aus... es musste ein Vermögen gekostet haben.
Das Kleid - reine Seide, in allen Schattierungen von Grün, jedoch ohne Übergang oder Absatz.
Der Umhang - feinste Wolle, in rauchgrau und mit großer Kapuze, die sie sich übergezogen hatte und ihren Augen einen seltsam silbrigen Glanz gaben, ansonsten das Gesicht im Dunkel ließen.

Er selbst war dunkel gekleidet, jedoch ohne Umhang, dafür mit anderen "Extras" unterwegs.

Eisblume ergriff seinen Arm, hängte sich ein und dirigierte ihn zum Park.

Beide sahen aus wie Magi oder Zauberer der Mittelschicht, auf einem Spaziergang zum Park.

Die kleine unscheinbare Villa hinter ihnen wurde kleiner.

Ranthoron

Die neuen Schuhe knarzten, und das störte ihn.
Ja, sie sahen gut aus, ja, sie waren bequem - aber sie knarzten.

Er hatte schon versucht, sie einzufetten, um das abzustellen, aber viel geholfen hatte es nicht. Jetzt war er darauf verfallen, sie einzulaufen. Und im Park war dafür reichlich Platz.

Seit einer Viertelstunde lief er schon, und er merkte, daß er sich öfter hätte bewegen sollen; kurz: er war außer Atem. Zumindest hörte er das Knarzen nicht mehr, weil er so laut hechelte. Und er bemerkte die Dame mit ihrem Begleiter erst, als er beinahe mit ihr zusammenstieß. Hastig stammelte er eine Entschuldigung und lief weiter.

Xandera

Sie hatte ihn lange gehört bevor Joruga ihn sehen konnte.
Sein Geruch, sein hechelnder Atem.
Die Versuchung, ihm nachzugehen.
Der Beinahe - Zusammenstoß.

Stattdessen  gab sie Joruga ein verstecktes Zeichen, der sich daraufhin von ihr löste, eine Verbeugung andeutete und einen der anderen Wege durch den Park nahm.
Eisblume blieb einige Augenblicke stehen, die Augen geschlossen und die Umgebung durchforstend mit ihren Sinnen.

Joruga dachte, seine Schwester würde ihm einen der Spitzel ihrer Familie zeigen, stattdessen blieb sie kurz stehen und schien zu lauschen.
Sie setzte sich in Bewegung, langsam und unauffällig, hinter jenem her, der beinahe mit ihnen zusammengestoßen wäre.
Eingreifen konnte er nicht, so musste Joruga seinen Weg fortsetzen und den langen Bogen des Weges zu Ende gehen.
Leicht fassungslos sah er mit an, wie Eisblume dem Fremden folgte und ihn einholte.
Zusehen zu müssen, wie sie ihn scheinbar streifte und ansprach.... er hätte alles Gold Elterans gegeben, um lauschen zu können !
Verdammt...

Eisblume war dem "Fremden" gefolgt, um ihm dann beim Überholen wie zufällig zu streifen.
" Hallo Ranthoron... "
Mehr ein Flüstern, nicht laut gesprochen.
" Verhalte dich so, als würden wir uns nicht kennen... "

Wie zufällig ließ Eisblume ein Taschentuch fallen, zerknüllt. Darin auf diese Art versteckt ein Zettel mit einem kurzen Satz.

Die kleine Villa am Parkrand mit dem roten Tor, S.

Als wäre nichts gewesen spazierte sie weiter, doch sie ging dieses Risiko ein. Ein großes Risiko.
Joruga war verärgert, das spürte sie.
Trotz allem spazierte sie weiter.
Ewig konnte man den Dingen und Menschen nicht ausweichen.

Ranthoron

"Hallo Ranthoron..."

Diese Worte ließen ihn erstarren. Ein Drache hätte auf ihm landen können, ohne daß er es bemerkt hätte.

Das Taschentuch. Es brauchte eine Ewigkeit, bis es den Boden berührte. Unfähig, sich zu rühren, träumte er, daß Sie es war, daß Sie mit ihm sprach. Daß sie plötzlich mehrere Schritt entfernt war.

Er bückte sich nach dem Taschentuch, nahm es auf.

Rief hinter ihr her: "Madame!"

War sie verschwunden?

Das Taschentuch. Es fühlte sich seltsam an. Ein Zettel. Sie war außer Reichweite. Sie war es.

Benommen wandte er sich nach Hause. Daß seine Schuhe nicht mehr knarrten, bemerkte er nicht. Die angegebene Villa allerdings schon. Und er fing an, nach verstohlenen Wegen dorthin zu suchen. Das Flüstern hallte wie ein Donnerschlag in seinen Ohren nach...

Xandera

Die kleine Villa war eingerahmt von gepflegten Bäumen  und Buschwerk, einer durchbrochenen Mauer. Das einzig Auffällige war ein rotes Tor, einflügelig.
Zu dem Anwesen führte ein "offizieller" Weg - und mehrere inoffizielle.

Eisblume war sich sicher, das Ranthorons Instinkt ihn auf den richtigen Weg lenken würde - er hatte sie, wenn auch unbewusst, im Armenviertel aufgestöbert.
Eisblume folgte dem Weg und traf wieder mit Joruga zusammen, versetzt gingen beide auf die kleine Villa zu, langsam und gemütlichen Schrittes.

Ranthoron

Da! Ein dunklerer Schatten in den Schatten der Gasse!

Ein verstohlener Blick, um sicher zu sein, daß er allein war, dann folgte er dem verwinkelten Zugang, und nach wenigen Schritten war er in der Villa.

Sie sah unbewohnt aus - aber nirgends war Staub zu erkennen. Seltsam.

Im Speisesaal war zum Kaffee eingedeckt. Für drei. Da keine Speisen da waren, legte er ein paar Goldbeeren auf die Servierplatte und stellte einen Krug Guljakbeerensaft hin.

Seinen Stab legte er demonstrativ außer Reichweite auf den Tisch.

Dann setzte er sich auf den Stuhl mit Blick auf die Tür und wartete.

Xandera

Ein junges Dienstmädchen war leise hinter Ranthoron ins Zimmer getreten, in den Händen ein Tablett das es mühelos trug. Darauf stand eine Kanne mit frischem Kaffee, einem Kännchen Tee, Pralinen und Kekse.

Ihre kleinen Hände richteten alles geschickt her, nahmen mit tadelndem Blick den Stab vom Tisch und stellten ihn in ein hüfthohes schmales Gefäß.  Das Dienstmädchen knickste und verschwand leise, ohne ein Wort gesagt zu haben.

Vor der Tür begnete sie Eisblume, reichte ihr die Hand und wurde in eine Umarmung gezogen.  Schweigend lösten sie sich und Eisblume betrat das Speisezimmer, gefolgt von Joruga der hinter ihr durch die Tür ging und sich an seinen gewohnten Platz am Tisch setzte.

" Du bist unhöflich Bruder, wir haben einen Gast. "

Begleitet vom Rauschen der Seide näherte sie sich Ranthoron.

" Bitte bleibt sitzen - und entschuldigt meinen Bruder. Er ist manchmal ein grober Klotz. "

Joruga brummte Unverständliches, machte aber keine Anstalten aufzustehen.

Ranthoron

Kaffee? Er glaubte schon an eine Illusion, als eine Hand den Tisch vervollständigte und seinen Stab in einem Stabständer, den er übersehen hatte, verfrachtete. Bevor er reagieren konnte, war die junge Dame, zu der die Hand gehörte, mit einem Knicks wieder verschwunden.

Er wollte gerade aufspringen, um ihr zu folgen, da kam ein schwarz gekleideter Mann herein und setzte sich neben ihn.

Und dann kam Sie hereingerauscht. Er erstarrte. Sie bat ihn, sitzenzubleiben. Er gehorchte zwangsläufig, er war nicht in der Lage, sich zu regen.

Nach ein paar Sekunden zog er das Taschentuch hervor und hielt es Ihr hin: "Ich glaube, das gehört Euch!"

Xandera

" Ja, das... gehört mir. "
Sie versuchte nach dem Taschentuch zu greifen - und verfehlte es.

" Du erlaubst, das ich meinen Umhang ablegen gehe ? "
Ohne wirklich auf Antwort zu warten streifte sie ihn ab und drückte ihn ihn dem Dienstmädchen in die Hand, das wie ein Schatten wiederaufgetaucht war.  Dabei stand sie mit dem Rücken zu Ranthoron.

Zeit. Zeit gewinnen, für sich selbst.

Ranthoron

Verwundert sah er, wie Sie das hingehaltene Taschentuch verfehlte. Während sie ihren Mantel dem eifrigen Dienstmädchen übergab, trat er rasch hinter Sie.

"Ich nehme an, daß Du den Namen, unter dem ich Dich kenne, abgelegt hast. Wie darf ich Dich nennen?"

Xandera

" Ja, du  nimmst richtig an. Ich habe ihn abgelegt . "

Joruga saß noch immer vor seinem Kaffee und das junge Dienstmädchen zog sich zurück, schloß leise die Tür hinter sich.

" Das Warum ist eine lange Geschichte Ranthoron. Man kennt mich hier nur noch unter Xandera. "

Zögernd drehte sie sich um, ein Blick aus milchigen Augen der ins Leere ging und ein Gesicht das nicht nur gealtert war.  Ihre Finger zeichneten den Schwung der Narbe nach, die unterhalb des rechten Auges begann (oder aufhörte?) sich noch an Hals und Halsansatz zeigte und dann durch Stoff verdeckt wurde - dem Kleid.

Ranthoron

Sanft legte er Ihr das Taschentuch in die Hand. "Tut es weh? Brauchst Du Hilfe?"

Und mit einem Blick auf den Beschützer: "Und wie darf ich Deinen Bruder nennen?"

Xandera

" Hilfe.. Ranthoron.. "

Sie suchte  nach den richtigen Worten.

" Ich hoffe, dir ist das Wort >Blind< ein Begriff.  Hilfe.... "

Xanderas Hand schloß sich fest um das Taschentuch, gleichzeitig unfähig weiter zu sprechen.

" Sie hat sich selbst das Augenlicht genommen.. "

erklang ungewöhnlich sanft die Stimme ihres Bruders.

" Ich kann es auch ein wenig verstehen... bei dem, was passiert ist. "

Ihr Bruder stand auf und ging um den Tisch herum.

" Freunde dürfen mich Jer'iel nennen.  Das altelfische Wort für >Schatten<. "

Jer'iel wies auf den gedeckten Tisch.

" Im Sitzen und bei einer Tasse Kaffee oder auch Tee, redet es sich besser, meint ihr nicht auch ? "

Ranthoron

Sanft ergriff er Ihre Hand und führte sie an den freien Platz, dann hielt er Jer'iel die Hand hin.

"Ich hoffe, der Name bezieht sich nicht auf deinen generellen Gemütszustand, Jer'iel."

Xandera

Ein Schulterzucken war die Antwort, dann ergriff Jer'iel die dargebotene Hand und schüttelte sie.

" Wenn ich auf etwas... "

Jer'iel blickte hinter Ranthoron und verzog das Gesicht.

" Kleine Laus, du sollst nicht lauschen. Das gehört sich nicht. "
Die Ertappte kam mit hochrotem Kopf hereingeschlichen und blieb an Xanderas Seite stehen.

" Du hast sie erst jetzt bemerkt Bruder ? Was Jer'iel sagen wollte... Ich kann zwar nichts mehr sehen, dafür umso besser hören und riechen.   Außerdem versuche ich, mich ohne Hilfe zurecht zu finden und  zu kommen.  "

Wie zum Beweis begann die Teekanne ein Eigenleben und schwebte über dem Tisch, wo sie von Xandera in Empfang genommen wurde.

" Setzt euch, euer Herumstehen macht mich nervös. "