Woher? - Wohin?

Begonnen von Qglhupf, 19. August 2014, 23:09:44

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Qglhupf

Seit Sonnenaufgang saß sie auf dem Felsen vor den Toren von Elteran. Hierher sollte sie kommen. Aber nun zögerte Qglhupf. Noch nie hat sie so viele Menschen beisammen gesehen. Und sie saß ja bis jetzt erst vor dem Tor und konnte sich nicht einmal vorstellen, wie es in der Stadt selbst zuging.

Klein und zierlich wie sie war, kam ihr der Wächter am Tor wie ein Riese vor, dem sie kaum bis zur Brust reichte. Ja, mit ihrem kurzen schwarzen Haar könnte sie als Knabe durchgehen. Vielleicht, wenn sie einfach hinter einem Fuhrwerk herging, könnte man glauben, sie wäre der Gehilfe eines Bauern auf dem Weg zum Markt. Aber wollte sie hier in Elteran mit einer Lüge beginnen?

Und was sollte sie tun, wenn sie erst einmal in der Stadt war?

Zum hundertsten Male nahm sie das alte Pergament zur Hand, das sie bei sich trug. Als sie es auseinanderrollte, war dort immer noch der Stab, den ihr ihr Ziehvater - ihr kamen schon wieder die Tränen, als sie an die letzten Stunden ihres "Großväterchens" dachte - zusammen mit dem Schriftstück auf dem Sterbebett gegeben hat. Sie wusste nur, sie solle es am Stadtor vorzeigen und würde dort erfahren, wohin sie sich zu wenden hat. Und das konnte sie nicht, wenn sie sich heimlich in die Stadt schlich. Und sie konnte auch das Pergament nicht selbst entziffern. Ihr Großväterchen hatte sie zwar das Lesen gelehrt. Aber solche Zeichen hatte sie nie gesen.

Wenn doch nur die Stadtwache nicht so grimmig schauen würde.

Nungut. Sie hatte Stunden auf dem Stein verbracht. Die Sonne war schon weit über dem Zenit. Qglhupf stand auf, holte noch einmal tief Luft und schritt auf das Stadttor zu. Lächeln! .
Doch eben dieses Lächeln erstarb, als sie sah, wie ein Mann, der wesentlich größer, stärker und überhaupt Furcht einflößender war als sie, von der Wache unter rüdem Gelächter vor die Tore befördert wurde.

Zuerst erstarrte sie. Aber dann drehte sie sich um und wollte laufen, wohin war egal, nur weg, weg von dieser lauten, überfüllten Stadt, dem Wächter, dem ...... Schicksal.

Aber dann wurde sie aufgehalten.



















Qglhupf

,,Na, Bürschchen. Du willst dich doch nicht etwa dünne machen!"

Der Weg zurück zum Wäldchen vor der Stadt war versperrt von einem ziemlich abgerissen aussehenden Kerl. Ungewaschen war er und stank gen Himmel. Gleich hinter ihm hatte ein weiterer Halunke Aufstellung genommen. So dass sie nicht an dem ,,Stinker" vorbeihuschen konnte.

,,Was hast du denn da die ganze Zeit immer wieder aus deiner Tasche geholt und angeglotzt?"

Qglhupf geriet immer mehr in Panik. Zurück zum Wäldchen konnte sie nicht, zur Stadt wollte sie nicht. Zur Stadt – sie warf einen Blick zurück zum Tor und zu dem Wächter und glaubte kaum, was sie sah. Der lehnte doch ganz gemütlich im Tor, schaute zu den dreien hinüber und schien sich köstlich zu amüsieren.

Das Mädchen war kurz abgelenkt vor Entrüstung und bemerkte fast zu spät, dass einer der Männer nach ihr griff. Sie konnte gerade noch zur Seite ausweichen, als der andere ihr ein Bein stellte und sie bäuchlings im Dreck landete. Schnell drehte sich zur Seite, sprang auf und huschte unter dem Arm des Kerls hindurch, der nach ihr gegriffen hatte. Wieder war ihr der Weg zum Wäldchen von den beiden versperrt.

Aber mittlerweile war das Qglhupf egal. Denn nun wollte sie einfach nur wissen, was passieren würde, wenn sie direkt auf den Wächter zulief. Ob er sich wohl dann bequemte, ihr zu helfen? Ob sie vielleicht schon an ihm vorbei war, bevor er sich überhaupt bewegt hat? Würde er versuchen sie oder die beiden Männer oder alle drei aufzuhalten.

Das war mal wieder typisch. Ihre Neugierde hatte sie schon in so manche gefährliche Situation gebracht aus der sie nur mit viel Glück – und mit einer Gabe, von der sie nicht einmal ahnte, dass sie sie hatte – wieder herausgekommen ist.

Also rannte sie - keine Angst mehr vor der Stadt, vor dem Wächter, vor den viel zu vielen Menschen sondern einfach nur von einem Gefühl irgendwie zwischen Übermut und Neugierde getrieben  – direkt auf das Stadttor zu.

Ranthoron

"Lächle doch mal," hörte er die Stimme seiner Mutter - und automatisch zog er die Mundwinkel hoch, bis seine Gesichtsmuskeln ermüdeten. Verdammt noch mal, seine Aufgabe war es, die Stadt zu schützen, nicht ein Honigkuchenpferd zu imitieren!

Der Wächter schrak auf - er hatte nicht einschlafen wollen, aber die heiße Sonne...

Er sah ein kleines Geschöpf auf sich zukommen, verfolgt von drei bekannten Raufbolden. Ein Goblin war es offensichtlich nicht, deswegen öffnete er das Tor einen Spalt, um es hinter der Gestalt schnell schließen zu können.
"Rechts in die Tür - da kommen sie nicht rein!"

Qglhupf

Qglhupf quetsche sich duch den Spalt im Tor, fegte um die Ecke und durch die angegebene Tür. Und RUMMS! war ihre Flucht zu Ende. Schmerzhaft stieß sie gegen einen Tisch und konnte gerade noch das darauf stehende Tintenfass festhalten, bevor es sich über ein Pergament ergoss auf dem eine Schreibfeder lag.

Hinter dem Tisch war ein Fenster, aber leider so hoch, dass sie außerdem dem Himmel, der sich bald violett färben sollte, nicht sehen konnte. nungut, hie komm ich nur raus, wie ich reingekommen bin. Qglhupf drehte sich um zur Tür und wartete auf die Torwache, die draußen noch beschäftigt schien.

Endlich betrat der stattliche Mann den Raum und schien ihn fast völlig auszufüllen. Die beiden musterten sich. Qglhupf schaute hoch und ihm ins Gesicht. eigentlich doch gar nicht so furchteinflößend dachte sie. Und dann ...

"Danke!"

Ranthoron

"Das wird sich noch rausstellen." Ein schiefes Lächeln erhellte das Gesicht der Wache. Sie umkreiste den Tisch und setzte sich, und zeigte auf einen Stuhl gegenüber: "Setz' dich doch. Und was wollten diese Rüpel von dir?"

Qglhupf

Qglhupf überlegte eine Weile, ob sie der Wache vertrauen kann. Aber eigentlich blieb ihr ja nichts anderes übrig, wenn sie nicht wieder vor dem Tor landen wollte. Wer weiß, ob die Kerle schon weg waren. Außerdem wurde es langsam dunkel.

"Das hier wollten sie von mir: Ein Pergament, was ich nicht lesen kann, in das ein Stab eingewickelt ist, den ich nicht anfassen kann, ohne mir die Finger zu verbrennen. Wisst Ihr vielleicht, was das ist? Oder kennt Ihr jemanden, der es mir sagen kann?"

Das musste reichen. Wenn sie etwas erfahren wollte, sollte sie besser mehr Fragen stellen als beantworten, bis sie wusste woran sie war.

Ranthoron

Die Wache kratzte sich am Kopf.

"Am besten fragst du Telan in der Bibliothek... Er kennt sich mit allen möglichen Sprachen aus, warum nicht auch damit."
Die Wache entfernte sich unbewußt etwas von dem präsentierten Objekt. "Meine Wache endet erst in einer Stunde - möchtest du solange warten? Oder soll ich Dir den Weg beschreiben?"

Er lauschte nach draußen, seufzte, nahm ein Pergament und die Feder und fügte hinzu: "Auf jeden Fall muß ich einen Passierschein ausstellen. Wie heißt du denn?"

Qglhupf

"Qglhupf" heiß ich.

"Und ich glaube, ich gehe lieber allein, wenn Ihr mir den Weg beschreiben wollt."

Sie denkt sich: Mit diesem Kerl von einem Bären in Begleitung wäre ich zwar für den Moment sicher. Die Aufmerksamkeit, die ich dadurch erwecke, könnte später aber ein Problem werden.

Ranthoron

Die Wache füllte mühselig das Formular aus, die Zungenspitze stahl sich hervor.

Nach einer gefühlten Ewigkeit übergab er Qglhupf das Pergament und beschrieb in knappen Worten den Weg zur Bibliothek. Danach grüßte sie und begab sich wieder auf ihren Posten.