Ein Unhold vor der Stadt

Begonnen von Amon Cthong, 06. April 2008, 22:45:18

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Amon Cthong

Als Amon wieder zu sich kam war er wie immer komplett nackt und blutüberströmt.
Er wusste zwar dass er sich in den Wäldern nahe Elteran befinden musste, jedoch war er nicht in der Lage zu bestimmen wo Norden war oder wie spät es sein könnte. Auch was in der letzten Nacht wieder schreckliches geschehen war, blieb wie üblich in einem finsteren Schleier tanzender Satyre, Dryaden und Baccantinnen die hinter seinen geröteten und schmerzenden Augen zu toben schienen, verborgen.

Diese gelegentlichen Aussetzer störten ihn nicht besonders, sie verwirrten ihn bloss zuweilen. Zuerst vermutete er aufgrund der typischen Symptome eine sich ausbreitende Lykanthropie, jedoch war er sich keines Kontaktes mit einem Überträger bewusst, noch war nach längerer Zeit der Selbsversuche und Beobachtungen ein Zusammenhang mit bestimmten Mondphasen nachzuweisen.

Amon lag auf dem Rücken. Er drehte den Kopf zur Seite und blickte in die leeren Augen Eines toten, älteren Mannes der direkt neben ihm lag. "Guten Morgen" sagte Amon in einem sanften Tonfall und lächelte ihn an. Tote Menschen waren zwar seiner Erfahrung nach weder gute Gesprächspartner, noch gute Zuhörer, zumindest liefen sie jedoch nicht vor ihm weg oder spuckten ihn an.
Als Er aufstand um das volle Ausmass seiner neuesten Grausamkeiten zu begutachten fiel ihm auf dass der Mann eine Magierrobe trug und bemerkte auch Den Aufwändig gearbeiteten Holzstab der ein paar Meter weiter auf dem moosigen Waldboden lag. Eine beiläufige Durchsuchung der Taschen des alten Magiers förderten einen Lederbeutel voller klimpernder Münzen, ein paar Heiltränke, einen relativ grossen und schönen Manakristall und eine versiegelte Schriftrolle zutage. Beschwingt aufgrund seines unerwartet erworbenen Reichtums begann Amon ein melancholisches Liedchen zu pfeifen und machte sich daran alles zu einem handlichen Bündel zusammenzuschnüren.

Er würde sich auf den Weg nach Elteran machen, schon seit Wochen zog eine unsichtbare Macht ihn dorthin. In seinen Träumen sprach eine gehörnte, finstere Gestalt in einem höhnischen Tonfall zu ihm, verspottete ihn, forderte ihn heraus zu ihm zu kommen...
Bisher hatte Amon sein primitives Leben im Wald genossen, hier gab es Pflanzen und Tiere die man Essen konnte, und manchmal verirrte sich sogar eine junge Frau in die dunkleren Teile der von Feen und Kobolden beherrschten Forste die Er bevorzugte...
Das Leben als Ungeheuer gefiel Ihm eigentlich sehr gut.
Nur noch selten blitzten vor seinen Augen Erinnerungen an eine Zeit auf in der er Kleidung getragen hatte und es Menschen gab die ihn nicht fürchteten oder verabscheuten, sondern sich um ihn kümmerten, ihn beschützten...

Die Robe des Magiers war aufgrund einer riesigen, klaffenden Wunde am Hals des Alten, die anscheinend auch verantwortlich für den Tod des Mannes und den metallischen Geschmack in Amons Mund war, nass und schwer vor Blut. Amon zog den Mann aus und beschloss einen Bach oder Fluss zu suchen um die Kleidung zu reinigen, denn nackt würde man ihm wohl kaum in Elteran Einlass gewähren.
Nachdem Er das Siegel der Schriftrolle unter Zuhilfenahme des Stabs und des Manakristalls geöffnet hatte (denn bewandert in der Naturmagie war Amon) bestätigte ein flüchtiger Blick seine Vermutung dass der alte Mann Mitglied einer der Gilden Terajas war. Die Notiz sollte vor einer Verschwörung und einem kommenden Angriff der Diener des Curulums warnen, würde ihr Ziel jetzt jedoch nicht mehr erreichen. Amon kicherte. War es kein Zufall, kein Fiebertraum der ihn hierher gebracht hatte? Waren all die Menschen die Er seit Beginn der verstörenden Träume im Wahn getötet hatte nicht umsonst gestorben?
Die Vorstellung amüsierte ihn sehr.
Er nahm das vor Blut tröpfelnde, grosse Bündel das einmal das Hab und Gut des toten nackten Mannes dargestellt hatte, der jetzt zu Amons Füssen in grotesker Pose im Moos lag, und begann ohne jeglichen Anhaltspunkt loszustapfen.

Er erschrak heftig als er auf einmal die riesigen Stadtmauern Elterans erblickte. Niemals hätte er gedacht dass sie so hoch sein könnten. Er war höchstens eine Viertelstunde gewandert, ihm war nicht bewusst wie nahe an der Stadt er schon gewesen war. Wenn jemand die Leiche fände, und Amon von jemandem gesehen würde, wäre selbst ein debiler Ork in der Lage eine Verbindung zu ihm zu erkennen. Ihm wurde plötzlich heiss und er begann am ganzen Körper zu schwitzen.

Amon Cthong

#1
-"Ich erbitte Einlass in diese Stadt... ich bin müde und hungrig, und würde mich gerne hier bei euch niederlassen."-

Amon erschrak aufs neue. Ein paar Bäume hatten die Sicht auf das ein paar hundert Meter entfernte
Stadttor verdeckt. Er duckte sich, lugte hinter einem der Stämme hervor und sah wie eine junge Frau die Kapuze ihres Reisemantels lüftete und die Soldaten die das Tor bewachten mit eben jenen Worten ansprach, die für Amon hier nur leise zu hören waren, ihn aber dadurch nicht minder erschrecken liessen.
Als Er dann auch noch die Anwesenheit von mindestens zwei weiteren Wesenheiten, von denen eine unmöglich ein Mensch sein konnte, wahrnahm, nahm die Panik überhand und Amon Cthong nahm fürs erste reissaus. Er rannte den Weg zurück den er gekommen war, verscharrte den alten Mann fahrlässig und hastig, rannte wie gehetzt in eine andere, völlig willkürliche Richtung, niemals die Wege benutzend, bis er endlich einen kleinen Bach fand in dem er sofort begann zu versuchen die Robe des Alten Magiers vom Blut zu befreien.
Das war natürlich ein Sinnloses unterfangen, das Blut war teilweise schon getrocknet und klammerte sich an das Gewebe der Robe als habe es nie einem anderen Zweck gedient. Allerdings war Es so grossflächig auf dem Kleidungsstück verteilt, dass man denken könnte die dunkelbraune Farbe sei gewollt, und die Robe sei bloss alt.
Er beschloss es auf einen Versuch ankommen zu lassen und zum Abend, wenn es dunkel sein würde, den Wachen entgegenzutreten und um Einlass zu bitten.

Als es schliesslich Abend geworden war, die Robe war noch klamm, machte sich Amon in seiner Verkleidung auf den Weg zum Stadttor. Er benutzte die Wege und ging ohne zu zögern auf die Wachen zu als er das Tor endlich erreicht hatte. Er blieb in angemessenen Abstand stehen, sah die beiden gerüsteten und bewaffneten Männer an, öffnete seinen Mund... und hielt inne. Er hatte seit Jahren nicht mehr gesprochen und fragte sich ob die beiden ihn wohl verstehen konnten, wenn er es denn überhaupt schaffen sollte die richtigen Worte für sein Anliegen zu finden.
Die Toten hatten ihm nie berichten können wie es um seine Aussprache oder Grammatik stünde.
Der ältere der beiden Männer schien ungeduldig zu werden und senkte seinen Waffenarm zum Schwert.
kurz überlegte Amon die Leben der beiden zu nehmen, entschied sich jedoch dagegen; Er war ein Monster, aber er war nicht dumm. langsam, und so deutlich wie möglich, formte er den Satz den er in Gedanken durchgegangen war:

"Sid grüsst. Min Nam sin Amon Cthong. Mi wüld gern in euren Stadt kümme, zu lernen det arkane Handwerk. wüld ihr min einlass?"

Kiriru

"Was hat er gesagt?", flüsterte die eine der anderen Wache zu. "Ich habe es auch nicht verstanden.", zischte sie zurück, "Er will aber sicherlich in die Stadt. Was denn sonst?"

"Entschuldigen Sie, werter Herr, aber ich kann Sie leider nicht verstehen." Nun war das Wort wieder an den Fremden gerichtet. "Da Sie aber eine Robe der Priesterschaft des Lichts tragen und nicht von hier zu sein scheinen, sind Sie wohl der Gesandte, der schon seit längerer Zeit erwartet wird. Der Lichtrat wird über Ihre Ankunft höchst erfreut sein." Aus Angst der Fremde würde ihn auch nicht verstehen machte die Wache eine Geste Richtung Stadttor, während die andere das Tor öffnete und danach einen Boten mit den Neuigkeiten an den Lichtrat sandte.


Amon Cthong

Noch ein wenig ungläubig und dümmlich nickend folgte Amon den unbeholfenen Anweisungen der Wachen und trat durch das Tor. Vor ihm erstreckte sich Elteran in seiner ganzen Pracht; ein überwältigender Anblick. Umrahmt von der gigantischen Stadtmauer thronte das akademische Zentrum, mit seinen Weiß in der Abendsonne schimmernden Kuppelbauten und Türmen, inmitten des aus Hütten, Häusern und Zelten bestehenden dunklen Wusts der das Armenviertel und den Hafen der Stadt darstellte. In den Straßen und Gassen ging allerlei Volk jeglicher erdenklicher Abstammung, Menschen und Nichtmenschen in teilweise skurrilster Erscheinung umher. Überall flatterten Gildenbanner im Wind und in der Ferne konnte man Kampflärm vernehmen.
Diese Stadt verstand es fürwahr sowohl das Licht als auch die Dunkelheit in sich zu beherbergen.

Amon musste schnell ein Versteck vor den Wachen, und vor den Priesters des Lichts finden, die jetzt anscheinend auf seine Ankunft warteten. Instinktiv steuerte er die erstbeste Grünfläche  an...