[ORP]In einer schäbigen Spelunke

Begonnen von Keda, 26. Januar 2019, 15:01:33

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Keda

...Keda stöhnte, drehte den Kopf und knackte mit den Halswirbeln. Es war immer wieder anstrengend, zu sterben und dann wieder zum Leben zu erwachen. Immer dieser Drang, sich mit fremden Wesen anzulegen, sie zu necken und bis zur Weißglut zu reizen, ohne zu wissen, wieviel Kraft und Macht in denen steckte. Manchmal schätzte sie das "Opfer" zwar richtig ein, aber dann hatte es interessante Schriftrollen dabei, die es schützten. Und doch war da immer wieder dieser Drang, sich mit diesen magiebegabten Wesen messen zu müssen. Andererseits war jede Niederlage eine bessere Lehrstunde, als langweilige Bücher in der Bibliothek zu wälzen. Sie rappelte sich auf, klopfte sich den Staub von den löchrigen Hosen und betrat die schäbige Spelunke im Armenviertel. Hier schmeckte wirklich alles wie vorverdaut und ausgespuckt. Aber alles war erschwinglich. Streit machte durstig und sterben machte hungrig.

Schwungvoll öffnete sie die Tür, die fast aus den Angeln flog, blieb im Türrahmen stehen und ließ den Blick schweifen. Sie hatte offenbar noch freie Platzwahl. Kaum eine Seele war hier. Wahrscheinlich verdroschen sie alle ein paar Goblins im Goblinwald oder sammelten Kräuter. Später würde sich das Lokal schon noch füllen und vielleicht hatte dann der ein oder andere auch Lust auf ein Kartenspiel. Jetzt aber setzte sich Keda erst einmal an die Theke und räusperte sich, damit die schlafende Wirtin bemerkte, dass sie Kundschaft zu bedienen hatte.

Keda

Klar, wer konnte es ihr verübeln? Die schlafende Wirtin öffnete mürrisch das linke Auge. Bloß nicht zu viel bewegen, verriet der massige Körper, der offenbar nur von den kräftigen Armen gestützt wurde, die wiederum vor ihrer Brust verschränkt waren. Die Schultern der Wirtin entsprachen etwa der doppelten Größe von Kedas Kopf. Nein, mit dieser Wirtin war sicher nicht zu spaßen - zumindest jetzt noch nicht. Als ihr linkes Auge Keda ins Visir nahm, öffnete sich auch langsam das rechte Auge der Wirtin. Noch etwas wortkarg antwortete die Wirtin auf Kedas Aufmerksamkeitssuche mit dem Anheben des Kinns, was in etwa einem ,,Na?", entsprach. ,,Das Tagesmenü bitte", bestellte Keda. Die Wirtin nickte und erhob sich schwerfällig von ihrem Schemel, um etwas Grütze in eine kleine Schüssel zu klatschen und diese lieblos vor Kedas Nase zu schieben. Der Inhalt der Schüssel verriet in der Tat nicht, ob das Essen schon einmal gegessen worden war oder frisch aus dem Topf kam. Keda zuckte die Schultern und speiste dennoch genüsslich. Sie konnte nicht wählerisch sein, wenn der Geldbeutel so dünn war.

Keda

Zu dem Mittagsmahl gab es kostenlos Wasser in einem Glas, das irgendwie nicht nur nach Wasser aussah. Es hatte den Anschein als schwimme darin Erde, winzige Steinchen und mit etwas Pech auch ein paar Insekten. Doch Keda wäre wohl kein Tiefling, würde sie sich davor ekeln. Sie spülte unbeeindruckt die Grützkrümel im Mund mit dem Dreckwasser herunter.

Plötzlich schwang die Tür lautstark auf. Ein paar Arbeiter polterten herein und unterhielten sich lautstark. Die Wirtin stöhnte. Ihre Ruhephase war wohl nun vorbei. Die lauten Arbeiter, welche den Schankraum mit ihrem Körpergeruch schwängerten, setzten sich an den hren angestammten Platz. Von dort aus pfiffen, winkten und brüllten sie die Wirtin zu sich heran: ,,Erna bei Fuß, aber dalli." Erna blickte in der Tat wie ein getretener Hund und nahm eine Duckmäuserhaltung ein, die bei ihrer Größe unglaublich lächerlich wirkte. Dass der Kerl, der sie rief, sogar Keda an Größe noch unterbot, ließ die Szene auf den Tiefling noch bizarrer wirken.

Keda

Der ungehobelte Kerl bestellte ein Bier und das Tagesmenü, welches Wirtin Erna ihm sofort brachte. Auch seinen Kollegen brachte sie Bier und ein paar Brote, so wie es bestellt wurde. Man kann sogar sagen, dass Erna die Bestellungen rascher und liebevoller erledigte, als sie es kurz nach ihrem Aufwachen bei Keda getan hatte. Dass eine so hünenhafte Frau vor solch einem Choleriker kuschte, wollte Keda nicht in den Kopf rein. Kaum dass Erna wieder hinter der Theke stand und beschäftigt tat, ranzte der Choleriker weiter: ,,Erna, du hässliche Missgeburt einer Kröte. Wie oft habe ich dir gesagt, dass ich mein Essen warm haben möchte? Und das Bier...bäh...das ist ja ganz schal! Kriegst du überhaupt etwas auf die Reihe?" Man konnte Erna ansehen, wie sie wünschte, vom Boden verschluckt zu werden, zumal die Kollegen des Cholerikers feist grinsten und gröhlten. Der miese Kerl ließ sich so richtig feiern.

,,Was glotzt du denn so blöd, Zweihörnchen? Welcher Versager hat dich Abschaum überhaupt in die Stadt gelassen?", polterte der Choleriker jetzt gegen Keda. Statt zu antworten, blähte Keda ihre Wangen auf und ließ kurz darauf Luft aus den Wangen entweichen. Der Choleriker fing plötzlich zu japsen an. Er konnte nur noch ein- aber nicht mehr ausatmen. Das führte dazu, dass er sich aufblähte, wie ein Ballon und zur Decke des Schankraums empor schwebte. ,,He...was...passiert hier," japste er und Keda kicherte. ,,Lass mich...runter...du..."

Die Tieflingin hob den Zeigefinger und wackelte grinsend damit hin und her. ,,Ah ah ah, erst musst du bitte bitte sagen, sonst bleibst du da oben bis du alt und grau bist."

Der Kerl wimmerte und winselte. Erna hatte den Fiesling offenbar noch nie so devot erlebt und konnte sich nur schwer ein Lachen verkneifen. Aber das übernahmen seine Kollegen schon. Sie prusteten und lachten Tränen. ,,Bi...te...", winselte er weiter und Keda antwortete: ,,Tut mir leid, ich habe dich nicht verstanden, du aufgeblasener, abgehobener Angeber!" ,,Bitte...bitte, lass mich... runter", jappste es erneut von der Decke, ,,Es tut mir...leid...ich benehme...mich jetzt."

Keda zuckte die Schultern, blähte die Wangen erneut und ließ die Luft wieder entweichen. Der Choleriker flog durch den Schankraum, ebenfalls wie ein Ballon, nur eben wie einer, der Luft verlor. Er knallte gegen Wände, zischte über die Köpfe der anderen Gäste hinweg, räumte den Tisch und die Theke ab und prallte letztlich auf den Tisch mit dem Gesicht in seinem Essen. Seine Kollegen wieherten und schlugen sich auf die Schenkel und wenn die Grütze ihm nicht das Gesicht verdeckt hätte, hätten Keda und Erna seine Schamesröte gesehen.

Penthesilea

In einer schwer einsehbaren Ecke saß still eine ältere Frau, die in einen unauffälligen, dunklen Umhang gehüllt war, der ihre Magierrüstung vor neugierigen Blicken schützen sollte. Keiner von den Gästen hatte sie bisher bemerkt, und sie hatte das Geschehen bislang schweigend teils amüsiert, teils neugierig beobachtet. Nun jedoch konnte sie nicht mehr an sich halten und kicherte belustigt. Da dies die Aufmerksamkeit der Tieflingsfrau ohnehin auf sich ziehen würde, gab sie ihr Versteckspiel auf, erhob sich und trat an deren Tisch heran. "Diese Art Magie habt Ihr gewiss nicht in Arthoria gelernt", sagte sie lächelnd. "Gleichwohl ist sie überaus wirkungsvoll. Gestattet mir also, Euch in Elteran willkommen zu heißen. Mein Name ist Penthesilea. Würdet Ihr einen Krug Wein mit mir teilen? Er schmeckt deutlich besser als die Umgebung hier vermuten lässt."
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Problem.

Keda

Gerade wollte sie selbst kichern, als sie aus der Ecke ein Kichern vernahm. Sie wandte sich dorthin um und erblickte eine Gestalt, die sie vorher nicht gesehen hatte. Erst als die Gestalt an ihren Tisch heran trat, konnte sie erkennen, dass es sich um eine ältere Frau handelte. Sie musste magiebegabt sein, wenn sie wusste, dass es diesen Zauber nicht in Athoria zu lernen gab.

,,Ja da hast du recht, den Zauber habe ich woanders gelernt. Es ist ein Schelmenzauber. Nicht leicht zu lernen. Man muss einer gewissen Gesinnung folgen," sie gluckste frech. Dass sie die Fremde duzte, war eine Eigenart von Keda. Sie hatte keine gewöhnliche Erziehung genossen.

,,Gegen Wein habe ich nichts einzuwenden. Ich bin übrigens Keda und ja, ich bin erst vor wenigen Stunden hier in Elteran angekommen. Bis jetzt gefällt es mir recht gut hier."

Erna, die Wirtin, hatte das Gespräch der beiden mitbekommen, stellte zwei Gläser Wein auf die Theke und meinte nun etwas freundlicher: ,,Das geht aufs Haus."

Penthesilea

"Danke, Erna." Die Magierin nahm unaufgefordert an Kedas Tisch Platz und hob ihr Glas. "Auf eine interessante Lehrzeit, Keda. Ich gestehe, jetzt hast du mich noch neugieriger gemacht. Schelmenzauber, gewisse Gesinnung... Ich könnte mir vorstellen, Curulum, der dunkle Gott des Chaos hätte seine Freude an dir. Denn Chaos wird nicht ausbleiben, wenn du diese  -  Schelmenmagie mit der Elementarmagie, die du hier erlernen wirst, kombinierst." Wieder musste sie unwillkürlich kichern. "Magst du mir erzählen, was dich hier her geführt hat?"
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Problem.

Keda

Keda nahm einen Schluck des Weins, ließ ihn auf der Zunge zergehen und dann die Kehle herunter rinnen, um den fruchtigen Geschmack voll auszukosten. Als sie fertig war, schnallzte sie mit der Zunge:

,,Ja da hast du recht, die Dunkelheit und das Chaos sind wohl meine Elemente. Was mich herführt? Sagen wir, es war der Zufall. Ich hatte kein Ziel, aber wo ich war, konnte ich nicht mehr bleiben. Und irgendwohin muss ich ja.

Was hat dich nach Elteran geführt? Das Licht oder die Dunkelheit?"

Penthesilea

"Weder noch, es war die pure Abenteuerlust, und der Reiz, noch einmal im Leben etwas Neues zu beginnen. Die Entscheidung für das Bündnis habe ich mir damals nicht leicht gemacht. Letztendlich waren es gute Freunde, die den Ausschlag für die Dunkelheit gegeben haben. Aber ich habe diese Entscheidung seither keinen Augenblick bereut."
Penthesilea nippte an ihrem Glas. Zu gerne hätte sie Keda gefragt, was es zu bedeuten hatte, dass sie dort, wo sie gewesen war, nicht hatte bleiben können, aber sie wusste nicht, wie sie es herausfinden konnte, ohne eine zu plumpe Frage zu stellen. So sagte sie nur: "Ich glaube, du wirst dich in Arthoria wohl fühlen. Egal, woher wir kommen, uns eint die Magie." Vielleicht würde Keda ja von sich aus noch etwas erzählen.
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Problem.

Keda

Der Wein schmeckte köstlich und stieg Keda ein wenig zu Kopf. Ihre Laune hatte sich deutlich gebessert, seit sie dem Kerl gezeigt hatte, wo der Hammer hängt und seit sie sich entspannt mit Penthi unterhalten hatte.

,,Da wo ich vorher war, da hatten meine Streiche keinen Anklang gefunden. Ich hatte das Gefühl, dass dort nur Licht aber kein Schatten fiel. Als ich von Elteran hörte und dass es hier auch ein dunkles Bündnis gibt, habe ich mich sofort hier her auf den Weg gemacht. Da war ich aber schon eine Weile auf der Flucht. Das Licht hatte mich förmlich gejagt. Die Jagd nimmt nun eine Wende. Die Gejagte wird zur Jägerin, harharhar..."

Penthesilea

"Ja, hier in Arthoria sind wir viele im Bündnis der Dunkelheit. Doch auch hier, ich gebe es allerdings ungern zu, sind die Diener des Lichts in der Überzahl. Dennoch, wir Dunklen halten zusammen. Und ganz im Vertrauen, es gibt unter den Lichtmagiern auch freundliche und anständige Menschen."
Wo ein Wille ist, da ist auch ein Problem.