Ein wenig Safran und ein weißes Schattenross

Begonnen von Urumil, 11. August 2008, 13:11:10

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Urumil

Es war ein sonniger Tag, als Hauptmann Ushkander auf dem gigantischen Wall Elterans Dienst hatte.
Er saß in einem der staksigen Türme und rauchte etwas Tairan in einer edlen Pfeife, die mit Blattgold verziert und sein einziger Wertgegenstand war.
Müde und gelangweilt von der stumpfen Arbeit starrte er durch einen schmalen Schlitz in der hölzernen Wand des Turmzimmers hinaus nach Süden, den Blick und die Sorge behutsam auf den Wald der Gobeline gerichtet.
Nun saß er schon seit dem Mittag hier, machte sich des Tairans seines diensthabenden Unteroffiziers gebräuchlich, als er das erste Mal seit seiner Einweisung in die ehrenhafte Wache der Hauptstadt einem ungewöhnlichen Geschehen beiwohnen durfte.

Aus dem westlichsten Ende, das der Wald der Gobeline besaß, trat ein Pferd hervor, das einen Reiter trug. Sofort griff Ushkander nach einem Sichtglas, um sich den Fremdem genauer anzusehen. Doch wirklich Aufschlussreiches sah er nicht.
Lediglich ein weißes, strahlendes Pferd, und auf ihm eine Gestalt in einer schwarzen Robe, die auf der linken Brust das Wappen der Dunkelheit trug, eine schwarze Eiche, umschlungen von zwei filigranen Rosen, die ihre Dornen in die Rinde des Baumes trieben.
Langsam trabte das Ross den Pfad aus dem Wald hinunter.
Die Gestalt darauf wirkte zusammengesunken, und mit jedem Schritt schine der Kopf weiter abzusacken.
Ushkander notierte sich das Geschehen.
Wenige Minuten später hatte das Pferd mt seinem geheimnisumwitterten Reiter die prächtige Brück über dem Rindori überquert und stakste nun auf das Stadttor zu.
Wenige Meter vor der bauchigen Mauer stoppte das Pferd auf einen unhörbaren Flüsterer hin und richtete das edle Antlitz gen den Zinnen.
"Wer seid Ihr?", ließ Ushkander mit schüchterner Stimme vernehmen.
Anstatt eine Antwort zu geben hob die Gestalt den Arm und warf scheinbar ohne Mühe ein kleines Säckchen hinauf, welches Ushkander mit Leichtigkeit fangen konnte.
"Was ist der Inhalt dieses Beutels?"
Die Gestalt winkte mit einer glatten, bleichen Hand ab.
Ushkander öffnete den Beutel und sah auf. Der Beutel war voll von Safran, dem seltensten Gewürz der Welt. Er hatte von einigen Safran-Gärten in der Wüstenei gehört, aber niemals hatte er soviel Safran auf einmal gesehen.
Sofort verstand er. Er drehte sich um und gab zwei Wachen auf dem Tor, das neben seinem staksigen Turm die Mauer unterbrach, das Signal zum Öffnen.

Die Gestalt ritt herein, würdigte weder den Wachen noch Hauptmann Ushkander eines Blickes.

Wenige Minuten später sah man den Reiter auf dem Markt stehen. Viele Botenjungen und Maiden liefen geschäftig herum, doch der Reiter blieb starr.
Schließlich heftete er den Blick auf einen kleinen, dunkelhäutigen Jungen in zerfetzter Kleidung, ohne das dieser davon Notiz zu nehmen vermochte.
Als der Junge an ihrem Ross vorbei lief, griff die Gestalt mit seiner bleichen Hand nach seinem Arm und schang ihn in einer einzigen, schnellen Bewegung hinter ihn auf das Pferd und gab diesem die Sporen.
Im Ritt reichte sie dem Jungen einen vergilbten Zettel nach hinten:

Urumil der Namenlose braucht deine Dienste. Du wirst reich belohnt werden.

Die reiche Belohnung im Gedächtnis behaltend hielt der Junge sich am Rücken des preschenden, geheimnisvollen Reiters fest.

Wenige Minuten später ritten die beiden wieder aus der Stadt heraus nach Norden.
Nun verstand der Junge, wohin der Reiter wollte:
Das alte Anwesen der Namenlosen.

Vor dem eisernen Tor stieg der Reiter ab, und half auch dem Jungen hinunter.
Dann nahm er die Robe vom Körper. Darunter trug er eine einfache Magierrobe, Mithrilschuhe, ein Amulett und ein paar durchsichtige Mithrilhandschuhe.

"Wer seid Ihr?", fragte der Junge.
"Urumil der Namenlose werde ich genannt. Ab nun werde ich deine Dienste in Anspruch nehmen, ab nun bin ich dein Meister. Dein Aufzug lässt mich vermuten, dass du in armer Gesellschaft lebtest, bevor ich dich geholt habe. Ab nun wirst du hier leben."
Das war eine Feststellung, und der Junge wagte nicht, einen Magier, wie es sie zwar zahlreich aber in einer Elite in der Stadt gab, zu untergraben. Das gehörte sich nicht.

Schon wenige Augenblicke wusste er, wer sein meister Urumil war:
Ein verwinkelter, aber kein weiser Geist in einem Körper, der Schlachten in der Wüstenei gesehen hatte, aber auch eine Person, die ängstlich und scheu war, mit der Magier nicht so serh vertraut, wie er auf den ersten Blick wirken mochte.

Und nun stand er vor dem Anwesen, dass sein Heim werden sollte.